1 Personalauswahl als theatrale Prozesse
von Florian Evers
Erschienen in: Recherchen 139: Theater der Selektion – Personalauswahl im Unternehmen als ernstes Spiel (11/2018)
Assessment-Center-Verfahren sind Praktiken zur Personalauswahl, -entwicklung oder Potentialanalyse,1 die über ein Bewerbungsgespräch hinaus in den Bereich der Einschätzung von sozialer und methodischer Kompetenz, Fachwissen sowie Persönlichkeit, Auftreten und Kreativität reichen.2 Teile dieser Praktiken haben einen theatralen Charakter. Sie können von Unternehmen unter Mitarbeit von Führungskräften, Personalmanagern, Vertretern der Human-Resources-Abteilungen und betrieblichen Mitbestimmungsgremien, Vorständen oder unter Zuhilfenahme externer Psychologen und Dienstleister durchgeführt werden,3 um die Kompetenzen des Personals einzuschätzen, Mitarbeiter zu schulen und eine vakante Stelle firmenintern oder durch Neurekrutierung mit der qualifiziertesten Bewerberin zu besetzen. Gegenüber dem einfachen Bewerbungsgespräch auf der Basis der Informationen aus einem Bewerbungsschreiben mit Zeugnisanlage bergen diese komplexen Verfahren den Vorteil der intensiveren Eignungsprüfung, der direkten Vergleichbarkeit von Kompetenzen unter mehreren Bewerberinnen sowie der Objektivierung der Personalentscheidung, die bei Einstellung oder Beförderung statt auf das Bauchgefühl eines Entscheidungsträgers auf erhobene Daten und Fakten zurückgreift.4
Assessment Center sind vorwiegend eine gängige Praxis in Großunternehmen – 25 der DAX-30-Unternehmen setzten im Jahr 2016 diese erweiterten Personalauswahl- und -entwicklungsverfahren ein.5 In mittelständischen Betrieben unter einer gewissen Anzahl an Mitarbeiterinnen und Neurekrutierungen ist das Verfahren tendenziell eher unüblich,6 da der zeitliche und finanzielle Aufwand für diese Unternehmen nicht angemessen wäre. Jedoch findet man auch...