Theater der Zeit

Theaterkombinat 1948 – 1989

Theaterpädagogik gestern, aufgezeichnet

von Thomas Irmer

Erschienen in: 70 Jahre Zukunft – Theater der Jungen Welt Leipzig (03/2017)

Assoziationen: Theaterpädagogik Theater der Jungen Welt

»Sauwetterwind«, 1982
»Sauwetterwind«, 1982Foto: Helga Wallmüller

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Marion Firlus (Dramaturgin am TdJW 1981–2015):

Die Theaterpädagogik war umfassend organisiert, mit Vor- und Nachbereitung. Daraus entstanden gründliche Rezeptionsanalysen, die den Schauspielern und dem Inszenierungsteam vorgelegt wurden. Da ging es darum, ob bestimmte Botschaften und Kritik an moralischen Verhaltensweisen erkannt wurden. Ein Schwerpunkt in den 80er Jahren war die Stärkung des Kindes, das Mutmachen, die Betonung der Persönlichkeit und Individualität, die in »Sauwetterwind« exemplarisch der Fall waren. Die Stärkung des Selbstvertrauens, das war das große Thema.

Regina Vitzthum (Theaterpädagogin am TdJW 1982–2013):

Ich bin 1982 an das TdJW gekommen. Vorher hatte ich sieben Jahre als Lehrerin für Französisch und Deutsch gearbeitet. In der Theaterpädagogik war damals die Rezeptionsforschung ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt. Die Kinder wurden intensiv nach Identifikationsfiguren befragt, aber auch danach, an welchen Stellen es langweilig wurde, auch nach Musik, Bühnenbild, Kostümen etc. Das Ziel war, die jungen Zuschauer besser kennenzulernen und solche Erkenntnisse in die künftige Inszenierungsarbeit einfließen zu lassen. Meine Kollegin Maria Knupp und ich haben hunderte junge Zuschauer mündlich und schriftlich befragt. Unsere Erkenntnisse lieferten nicht nur Stoff für Diskussionen mit Lehrern, sondern waren nicht zuletzt auch für die Schauspieler interessant, die ja in der Regel mit den jungen Theaterbesuchern nicht so intensiv zusammenkamen.

Zu der Zeit, als ich meine Arbeit am Theater begann, war Christel Hoffmann Fachmethodikerin für darstellende Kunst mit Kindern und Jugendlichen am Pionierpalast in Berlin und bot Weiterbildungen zum darstellenden Spiel an. Aus dieser Initiative heraus wurden über die Bezirkskabinette für Kulturarbeit regelmäßig Werkstätten organisiert, die Leitern von Pioniertheatern und anderen Interessierten offenstanden.

Ich nutzte beide Möglichkeiten – quasi als mein Studium der Theaterpädagogik – und setzte das Gelernte an unserem Haus praktisch um: Die Weiterbildungen für Lehrer, die es auch schon vor meiner Zeit gab, wurden ab 1984 um das darstellende Spiel erweitert. Das war spannend und begeisterte unglaublich. Unser Angebot war so gefragt, dass wir Ende der 80er Jahre sogar einwöchige Kurse im Programm hatten. Das Selber-Spielen ermutigte die Lehrer, mit ihren Schülern Theater zu spielen oder zumindest spielerisch auf eine Aufführung einzustimmen. Die spielpraktische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen entwickelte sich so zu einem weiteren Schwerpunkt unserer theaterpädagogischen Arbeit.

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