Erika Fischer-Lichte: Das Leitungsteam des Forschungsprojektes stellt die Frage nach dem Kunstcharakter von Operninszenierungen wie folgt: „Inwieweit (ist) die Beschäftigung mit dem klassischen Werkkanon überhaupt als Kunst zu verstehen […]? Lässt sich der Anspruch auf Originalität und Innovation überhaupt noch einlösen? Kann sich eine Regie-Arbeit, die sich, in welcher Form auch immer, auf vergangenes Material bezieht, überhaupt als eigenständiges Kunstschaffen begreifen?“ Diese provokant formulierten Fragen implizieren ein problematisches Kunstverständnis, das es nachfolgend kritisch zu hinterfragen gilt.
Da sehr unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten, die auch sehr unterschiedliche Künste vertreten, bei uns sind, liegt es für mich nahe, zunächst alle zu bitten, uns der Reihe nach darzulegen und zu erläutern, was sie unter Kunst verstehen und wie sie mit dem Begriff arbeiten.
Pia Palme: Ich glaube, ich bin in mehrfacher Hinsicht eine Randerscheinung hier. Es gibt auch in der Opernwelt das Zentrum und den Rand, und ich komme vom Rand, weil ich aus der Off-Szene stamme. Ich habe mit dem Repertoirebetrieb nichts oder noch nichts zu tun, ich bin auch als Komponistin einen sehr unüblichen Werdegang gegangen. Ich habe mehrere Studien hinter mir, mehrere Berufsfelder durchschritten und ich bin jetzt eine „junge“ Komponistin. Ich habe also nicht jahrzehntelange Erfahrung mit diesem Betrieb. Das Dritte...