Immer lichtärmer wird der Abend zum Ende. Trübes gelbes Licht ergießt sich aus einzelnen tiefhängenden Lampen über die Bühne. Der Nebel hat sich bis in den letzten Winkel des Zuschauerraums ausgebreitet. Befinden wir uns im Morgengrauen vor der Schlacht? Oder schon nach dem Kampf? Die hölzernen Kisten des Marktstandes sind umgestürzt, Obst und Gemüse liegen auf dem Boden. Eine Zigarrenmanufaktur befindet sich in der Villa mit schmiedeeisernem Balkon in Havanna, der Putz blättert schon ein wenig, an der Ecke des Gebäudes die Leuchtschrift Casino de Cuba, im Schaufenster ein Porträt von Che Guevara, dahinter ein Wachturm aus Holz und ein Gitterzaun. Wie alle Bühnen von Aleksandar Denic ist auch diese bis ins letzte Detail stilisiert, geradezu in Geschichte versenkt. Und wie sich beim Kupfer im Kontakt mit Sauerstoff die Patina bildet, eine Ablagerung der Zeit, so wirken auch die Denic-Bühnen, als wären sie schon einmal benutzt gewesen, in einer anderen Zeit, als hätte sich in ihnen etwas abgelagert. Das ist das Gegenteil der Ästhetik des Cleanen, der sauberen spiegelnden Oberfläche, die der Gegenwart so gut gefällt, weil alle banalen Epochen auch narzisstische Epochen sind.
Wie immer geht es bei Frank Castorf um Geschichte. Und wie kein anderer Regisseur hat er...