Theatermusik als Netzwerk und téchne?
von David Roesner
Erschienen in: Recherchen 151: Theatermusik – Analysen und Gespräche (11/2019)
Ein Bereich des Theaters, auf den sich die technischen Entwicklungen der letzten Jahre – unter anderem in Form der Digitalisierung – besonders signifikant ausgewirkt hat, ist die Theatermusik. Es lag daher nahe, den Theatermusiker*innen die Frage zu stellen, wie sie die Rolle von Technologie für ihre Arbeit reflektieren. Es wird niemanden überraschen, dass das zentrale Thema dabei in fast allen Interviews die Digitalisierung von Musikproduktion und -präsentation ist. Dieser »game changer«, wie Clark das nennt, hat die Theatermusik der jetzigen Generation nachhaltig beeinflusst und spielt für ihre Arbeitsrealität, ihr künstlerisches Selbstverständnis und ihre Ästhetik eine zentrale Rolle. Zwei Begriffe scheinen mir dabei zentral, um die folgende Auswertung der verschiedenen Aussagen zu rahmen.
Zum einen ist gerade die Praxis der Theatermusik ein klassischer Fall eines Actor-Networks im Sinne der gleichnamigen Theorie des Soziologen Bruno Latour. »Einer der wirkungsmächtigsten Denkanstöße, der von der ANT ausgeht«, schreibt Wolf-Dieter Ernst, »ist die Idee der zirkulierenden Handlungsmacht humaner und nicht-humaner Akteure«.41 Gerade weil zeitgenössische Theatermusik in so engem Austausch mit Hard- und Software der Musikproduktion entsteht, wäre es reduktiv, nur über die Intentionen und Praktiken der Musiker*innen zu sprechen. Sie sind Teil eines Netzwerks humaner und nicht-humaner Akteure, deren Zusammenspiel variiert und das wechselnde...