Polen steht unter Strom. So gemächlich das Leben auch ablaufen mag – im Club Freude rotiert der Zorn. Beine zucken, Körper vibrieren. Ein Krampf mehr als ein Tanz. Bewegungen wie unter Elektroschocks, nur dass kein Strom die Menschen kurzschließt. Es ist die Wut, die sie malträtiert. „Diese Leute“, sagt Wojtek Klemm, „könnten unsere Nachbarn sein.“ Kasimir und Karoline, Figuren am Rande des Nervenzusammenbruchs, deren Leben jedoch nicht durch die Weltwirtschaftskrise sabotiert wird, sondern, im Gegenteil, von einem blitzgesunden Kapitalismus, der in seiner neoliberalen Spielart eben hier und da mal ein paar hundert Arbeiter verliert. Kasimir: „Da fliegen droben zwanzig Wirtschaftskapitäne und herunten verhungern derweil einige Millionen!“
Der polnische Regisseur hat Horváths Charaktere für seine Produktion am Lebuser Leon-Kruczkowski-Theater in Zielona Góra, die im April zum Kontrapunkt-Festival nach Szczecin eingeladen war, von München in die polnische Provinz versetzt. In ein Kaff, wie es viele Käffer gibt: beschaulich und sortiert an der Oberfläche, chaotisch und explosiv, schaut man genau hin. Statt eines Jahrmarkts hat man dem Volk Diskotheken erbaut: ein paar Bierbänke hier, ein Eisautomat da und im Hintergrund ein Trampolin, auf dem man fast, aber eben nur fast, die wie Planeten an der Decke glitzernden Discokugeln erreicht. Die Musik, die hier...