Nachruf
„Wir hatten Wurzeln, gegen den Wind“
Zum Tode des Regisseurs und Schauspielers Friedo Solter
Erschienen in: Theater der Zeit: Freie Szene – Occasions – Ereignisse im Raum (04/2023)
Assoziationen: Akteure
Die Stimme Klang, der Körper Kraft. Dieser barocke Kerl kam uns entgegen aus vollem Fleisch. Und lange Zeit umschwärzte das Gesicht ein Bart. Auch die Zigarre passte ins Bild. Friedo Solter war der erste Mackie Messer der DDR, war Fiesco, Wilhelm Tell, der Fieskönig Claudius im „Hamlet“, im Fernsehen ein behäbig schwelgender Danton, ein listiger Lügner Luka im „Nachtasyl“. Studierenden sowie Bühnen-Neulingen war er lange Zeit ein Lehrer mit Nachhall, er legte Talente frei, aber er setzte sie auch Belastungen und Prüfungen aus.
Geboren wurde Solter 1932 in Reppen, dem heutigen polnischen Rzepin. Sohn einer Näherin und eines kaufmännischen Angestellten. Der Abiturient studierte Schauspiel, ging nach Senftenberg und Meiningen. Dann, über vierzig Jahre, Deutsches Theater Berlin. Mit Hans-Diether Mewes inszenierte er „Unterwegs“, den Schauspielstart für Dieter Mann und Christine Schorn. Legendär der „Nathan“ mit Wolfgang Heinz in der Titelrolle, der musikalisch-komödiantische Dauerbrenner „Zwei Krawatten“, wieder mit Dieter Mann, Majakowskis Satire „Schwitzbad“ mit Dieter Franke, „Wallenstein“ mit Eberhard Esche.
Als Schauspieler beeindruckte er gleichsam als Pavarotti des gesprochenen, geschmeckten, verehrten, verstehenden, verhüllenden wie verheißenden Wortes. Auch als Regisseur blieb er stets ein Elementarier des literaturbezogenen Theaters, den an Stücken die dialogische Bindungsstärke reizte. Er entwickelte seine Inszenierungen gern aus handfester Robustheit:...