Ausstrahlung des Werkbereichs der Kunstfreiheitsgarantie: das Urheberrecht an der Inszenierung
Erschienen in: Recherchen 168: Der urheberrechtliche Schutz performativer Kunst – Theater, Aktion, Performance (09/2023)
Die Ausführungen zum Schutzbereich der Kunstfreiheitsgarantie haben gezeigt, wie der Werk- und der Wirkbereich einer (ereignishaften) Aufführung zu verstehen sind. Der Kerngedanke dieses Verständnisses ist: Während das urheberrechtliche Werk in seinem Schutzbereich ergänzt wird durch die Begriffe der Produktion und Rezeption, ist das (Bühnen-)Ereignis durch die weiteren Begriffe der Inszenierung und der ästhetischen Erfahrung, im Sinne einer Schwellenerfahrung, gekennzeichnet. Es sind also die Begriffe »Inszenierung«, »Ereignis« und »ästhetische Erfahrung«, die das konzeptuelle Grundgerüst der Rechtsfortbildung in Bezug auf den urheberrechtlichen Schutz performativer Kunst bilden. Entscheidend ist dabei die verfassungsrechtliche Wertung, dass die Inszenierung von Aufführungen zum Werkbereich der Kunstfreiheitsgarantie gehört. Diese verfassungsrechtliche Wertung spricht für die Annahme eines Urheberrechts an der Inszenierung. Die Frage danach gehört allerdings seit über 100 Jahren zu den umstrittensten Fragen des Urheberrechts überhaupt.
Im Folgenden wird zunächst die historische Debatte nachgezeichnet, um zu verdeutlichen, welche Argumente für und gegen ein solches Urheberrecht an der Inszenierung im Raume stehen. Anschließend wird untersucht, ob und wie angesichts dieser Argumente die verfassungsrechtliche Wertung, die für ein solches Urheberrecht spricht, konkret umgesetzt werden kann.
1 Der Inszenierungsbegriff im Geltungszeitraum des LUG
Die erste umfassende Untersuchung zum Urheberrecht des Theaterregisseurs stammt aus der Feder von Elisabeth Lilia aus dem Jahre...