Geäußerte und als Geäußertes von Auge und Ohr aufzunehmende Form
Erschienen in: Recherchen 168: Der urheberrechtliche Schutz performativer Kunst – Theater, Aktion, Performance (09/2023)
Erfüllen Aufführungen des Theaters und der Aktions- und Performancekunst die Voraussetzungen, die Kummer hinsichtlich der wahrnehmbaren Form von Aufführungen aufstellt?1294 Wie gezeigt,1295 verbirgt sich hinter dieser Frage die folgende konkrete Frage: Lässt sich Kummers Werkbegriff mit der Tatsache in Einklang bringen, dass der Körper des Darstellers kein beliebig formbares Material darstellt und daher kein Ausdrucksmittel sein kann? Oben1296 wurde gezeigt, dass Kummer nach dem Individuellen (i. S. v. statisch einmalig) sucht, indem er nicht wägt, sondern vergleicht.1297 Diese Umkehrung der Hierarchie von Körper und Geist bedingt auch ein neues Verständnis von der Form der Aufführung.
Während das Schöpfungsprinzip im Hinblick auf die wahrnehmbare Formgestaltung der bühnenmäßigen Aufführung darauf abstellt, ob die Aufführung als Ausdruck eines gedanklichen Inhalts seines Schöpfers verstanden werden kann, sieht Kummer in einer Form zunächst einmal nur den Gegensatz zu einer Nichtform als etwas, das physisch noch nicht existent geworden ist.1298 Für die Rechtspraktikabilität untersucht er also die Struktur des Werkes in Relation zu den Strukturen anderer Werke. Danach bedeutet wahrnehmbare Form also zunächst lediglich physische Existenz, die bei einer Darstellung schlicht gegeben ist. In Bezug auf ausübende Künstler bedeutet dies, dass ihr bewegtes Spiel im Raum zunächst nur als etwas Geäußertes...