Klangwelten
Klänge von Gestern und Heute auf den Bühnen Chiles
von Soledad Lagos
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Chile (09/2023)
Assoziationen: Dossier: Musik im Schauspiel Dossier: Chile
In der (chilenischen) Theaterlandschaft gibt es Inszenierungen, die als Meilensteine gelten, was die künstlerische Arbeit mit Klangqualitäten betrifft – Ergebnisse langjähriger, konsequenter und konzentrierter Auseinandersetzungen mit der Materie. Unvergessen bleibt „Der deutsche Mittagstisch“ nach Thomas Bernhard, in der Regie von Cristián Plana. Dessen Entscheidung, die Inszenierung – inklusive anspruchsvoller Schubertlieder – vollständig auf Deutsch spielen zu lassen (obwohl nur eine der Schauspielerinnen des Ensembles die Sprache beherrschte) und damit eine fremde, nicht alltägliche Sonorität mit ins Spiel zu bringen, stellte das spanischsprachige Publikum, das der Übertitelprojektion folgen musste, vor eine große Herausforderung. Darüber hinaus bot die Inszenierung ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie man denjenigen (Groß-)Teil der Bevölkerung, der sich nach wie vor weigert, die während der chilenischen Militärdiktatur begangenen Menschenrechtsverletzungen anzuerkennen, mit einer unbequemen Thematik konfrontieren kann.
Bis in die 1960er Jahre hinein brachte das Radio, wichtigstes Massenmedium jener Zeit, mit dem Genre des Hörspiels unvergessliche Figuren hervor, die noch heute einen Platz im kollektiven Gedächtnis einnehmen. Zur Zweihundertjahrfeier der Republik im Jahr 2010 rief die Escuela de Espectadores (eine Bildungsinitiative zur kostenfreien Weiterbildung des Publikums), die erste „Audiothek chilenischer Dramatik“, La Audioteca de Dramaturgia Chilena, ins Leben. Der dafür ausgewählte Korpus grundlegender Werke stellte den Versuch dar, Chile abzubilden...