Schön sauber ist das Heute. Zu schön, um wahr zu sein. In Gestalt eines frisch gestrichenen Wirtshaussaals präsentiert es sich dem Zuschauer (Bühne Duri Bischoff). Doch schon bald öffnet sich eine Falttür in der Rückwand und gibt die Sicht frei auf eine etwas kleinere Raumkopie dahinter. Baugleich, aber baufällig. Bröckelnder Putz, abblätternde Farbe. Das schmutzige Gestern, das in der tadellos übertünchten Gegenwartsvariante zum Verschwinden gebracht worden ist.
Auch der alte Seewirt verpasst seinem Leben einen neuen Anstrich. Heimgekehrt aus dem Krieg, macht er unmissverständlich klar: Von jetzt an geht der Blick nur mehr nach vorne. Erst viel später, kurz vor seinem Tod, legt er doch noch eine Lebensbeichte ab. Unsicher tastet sich Stefan Merki in die finstere Vergangenheit seiner Figur vor. So konsequent hat dieser Mann sein früheres Ich übermalt, dass die Erinnerung daran den Ausdruck sanften Erstaunens in sein Gesicht zeichnet: Dieser kleine Wehrmachtssoldat, der als Handlanger der Nazis schuldig geworden ist – das soll tatsächlich er gewesen sein?
Vergessen, verdrängen, vertuschen – das sind die Mechanismen in diesem „Mittel- reich“, das nichts anderes meint als Deutschland zwischen Weltkrieg und Wirtschaftswunder. Die Schatten der Vergangenheit werden hier ebenso ignoriert wie die dunklen Flecken der Gegenwart. Als Semi, der Seewirtssohn,...