Politiker bieten immer wieder großes Theater, in Österreich entwickelt sich das aber, wie Sie es in „Die Chronik der laufenden Entgleisungen“ formulieren, seit Sebastian Kurz zur Satireshow. Wie lässt sich das erklären?
Thomas Köck: Durch die landesbedingte sehr enge Verflechtung von Medien und Politik, einem Haberertum, wie es in Österreich heißt, parteipolitische Kaderschmieden, die einen Typus von Politiker:innen produzieren, die nicht mehr repräsentieren (außer sich selbst), sondern funktionieren, und natürlich den Wunsch bestimmter Parteien, demokratische Institutionen lächerlich zu machen und sie dadurch zu delegitimieren. Das ist ja das erklärte Ziel rechtsextremer Parteien.
Das Buch bietet eine Analyse, wie es zum Aufschwung der Rechten kommt. Was hat fehlendes Klassenbewusstsein damit zu tun?
TK: Alles eigentlich – es sind nicht nur Rechtsextreme, die zum Aufschwung kommen, sondern autoritäre neo- oder anarcholiberale Überzeugungstäter:innen wie jetzt in den USA – das ging immer Hand in Hand. Die gesellschaftlichen Widersprüche wurden spätestens mit dem dritten Weg der europäischen Sozialdemokratien nicht mehr politisiert, alle schworen sich darauf ein, dass es nur noch eine Klasse gäbe und überall dort, wo die demokratische Marktwirtschaft auftritt, über kurz oder lang alle gesellschaftlichen Widersprüche verschwinden würden.
Mit dem Ibiza-Skandal und anderen Entgleisungen ist Österreich ein Sonderfall. Betrachtet man aber die...