Eine andere Moderne II: Commedia dell’Arte
Commedia dell’Arte im Italien des 16. Jahrhunderts
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Das ursprüngliche gestalterische Muster war die italienische Commedia all’improvviso, die sich im 16. Jahrhundert ausgebildet hatte. Ihre Darbietungen wurden ohne geschriebene Textvorlagen allein während der jeweiligen Aufführung produziert („improvisiert“). Bis ins spätere 17. Jahrhundert, bis zur in Paris ständig spielenden Comédie Italienne, auch Théâtre Italien genannt, entfalteten Commedia-Truppen ihre Darstellungen ohne vorgeschriebene Stücktexte nach jeweils in Grundlinien skizzierten Handlungsverläufen. Als professionelles Wandertheater, in dem auch Angehörige aus dem Adel mitwirkten, bediente es offensichtlich sozial unterschiedliche Zuschauerschichten. Die frühesten Abbildungen, die einen guten Einblick in ihre Haupttypen und in ihre burlesk-komischen Aktionen geben, bezogen sich auf Aufführungen 1568 auf der Burg Traunstein bei München.167 In Kostüm und Maske deutlich markierte stehende Figuren, kurz Masken, die als Hauptakteure in den verschiedensten Inszenierungen immer wieder auftraten, waren neben der betonten körperlich-gestischen Spielweise ein die Form definierendes Charakteristikum und auch das bestimmende Merkmal ihrer späteren verschiedenen Varianten und Veränderungen. Die Commedia spielte für frühkapitalistische Verhältnisse typische Verhaltensweisen und Vorgänge durch, die auch in dem geschriebenen Theater und der Literatur der Renaissance, oftmals an antike Stücke (Plautus) anknüpfend, verhandelt wurden: Konflikte in der Lebenswelt wie die Spannungen zwischen Vätern und Kindern, die sich aus den individuellen Liebesneigungen der Kinder ergaben,...