Isabelle Kessler
Die französische Gründerin der Compagnie Phénomène Tsé-Tsé ist Objekttheaterkünstlerin, Schauspielerin, Regisseurin, sie lebt seit vielen Jahren in den USA. Mit „Briefe an die Toten“ zeigte sie 1995 beim Internationalen Figurentheater-Festival in Erlangen eine Arbeit, die nicht nur inhaltlich Bezug nimmt auf Kriege des 20. Jahrhunderts in Europa, sondern auch über die Darstellungsmittel: Briefe an Soldaten, die ihre Empfänger nie erreichten, Fotos aus Archiven und Familienalben erzählen in berührenden Text-Bild-Objekt-Collagen von der Absurdität und Grausamkeit des Krieges. Ein Stück, das bis zur heutigen bedrohlichen Situation mit Kriegen an verschiedensten Fronten an Aktualität leider nichts verloren hat. Aber auch in ihrer ästhetischen Offenheit, ihrem dramaturgischen Wagemut bewies diese Inszenierung mit der „kurzen deutschen Karriere“ große Wirksamkeit und Weitsicht, nahm einige Entwicklungen dessen, was man später als Verflüssigung von Genregrenzen bezeichnete, voraus. Jacques Templeraud, der in derselben Festivalausgabe den „Preis für Innovation“ erhielt, war als Regisseur an der Arbeit beteiligt, ebenso der Bildende Künstler Philippe Lefebvre/Flop, dessen aktuelle eigene Licht-Objekt-Installationen einen Resonanzraum zwischen Ausstellung und Performance eröffnen.
Stand: 2025 (Datum der letzten Veröffentlichung bei Theater der Zeit)