Einer schleicht sich an, hat ein Gewehr, führt etwas im Schilde. An der Rampe sitzt Jens Harzer als Nikolaj Alexejewitsch Iwanow, er hält ein Buch in der Hand, scheint kurz davor, einzuschlafen. Der sich da anschleicht, ist der ständig besoffene Gutsverwalter Borkin. Nähergekommen, zielt er auf seinen Herrn, will ihn ein bisschen erschrecken, weiter nichts. Harzer zuckt zusammen, aber er behält ganz und gar die Contenance. Keine Empörung, kein Aufschrei, nur ein müdes Lächeln. Dies ist der stumme, fabelhaft komische Auftakt der Tschechow-Inszenierung von Johan Simons. Der weitgereiste Kritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieb, dieser „Iwanow“ sei die einzige Aufführung der Spielzeit, die man unbedingt gesehen haben müsse. Das war ein paar Wochen vor Corona.
Borkin ist Thomas Dannemann, der 2005 bei Jürgen Gosch Macbeth und vorher den Bassow in den „Sommergästen“ gespielt hat. Wer es sich leisten kann, einen superben Spieler (und auch Regisseur) wie Dannemann in einer, nun ja, Nebenrolle zu besetzen, der schöpft offensichtlich aus dem Vollen. Zusammen mit Martin Horn und Bernd Rademacher bildet Dannemann ein veritables Männertrio, lauter Nichtsnutze, vom müden Iwanow erduldet, jedoch nicht ernst genommen. Anders als der junge Arzt Lwow, der heimlich in Iwanows kranke Frau verliebt ist und sich über die...