Schon der Einzug in den Bühnenraum, auf ein ungefähr vier mal vier Meter großes Podest, ist eindrucksvoll, fast feierlich. Sechs Männer trommeln, blasen in Muscheln, schellen und singen. Sie entzünden Kerzen und Räucherstäbchen. Alles in Vorbereitung auf ihr Handpuppenspiel über den König Dharmaputra, der sein Königreich, seine Brüder und seine schöne Frau Panchali beim Würfelspiel verliert. Alles in Vorbereitung auf eine Theateraufführung, die viel mehr an ein Ritual als an ein Spiel erinnert.
„Duryodhana Vadham“ des Regisseurs und Gurus Gopal Venu stammt aus der indischen Tempeltradition und ist eine der Inszenierungen, die den Schwerpunkt der diesjährigen FIDENA bildeten: Figurentheater aus Asien. Beim vergangenen Festival vor zwei Jahren führte Intendantin Annette Dabs ihr Publikum noch an die Ränder des Figurentheaters, zeigte Inszenierungen an der Schnittstelle zur bildenden Kunst, zu Tanz und Musik. Mit dem Gefühl, ein neues Selbstverständnis der Szene entwickelt zu haben, traute sich Dabs zu den hierzulande nicht leicht zugänglichen Wurzeln der Figurentheaterkunst: vietnamesisches Wassermarionetten- und indisches Schattentheater, jahrtausendalte Kunstformen. Und eben das traditionelle Handpuppenspiel Pavakathakali. Das entwickelte sich im 18. Jahrhundert aus dem klassischen Tanztheater im südindischen Kerala. Die prachtvoll gestalteten Puppen erzählen Geschichten aus den wichtigen Schriften des Hinduismus. „Duryodhana Vadham“ aus dem „Mahabharata“ schildert einen Kampf...