Theater der Zeit

Auftritt

Salzburger Festspiele: In der Leichtigkeit Schweres erzählen

„Orestie I-IV“ nach Aischylos, Sophokles, Euripides – Regie Nicolas Stemann, Bühne Katrin Nottrodt, Kostüme Sophie Reble, Mediale Inszenierung IXA (Claudia Lehmann, Konrad Hempel), Musik Nicolas Stemann, Laurenz Wannenmacher

von Otto Paul Burkhardt

Erschienen in: Theater der Zeit: Konflikt Kunstfreiheit – Politische Antike „Die Orestie“ in Epidauros (09/2024)

Assoziationen: Österreich Theaterkritiken Dossier: Festivals Nicolas Stemann Thalia Theater Salzburger Festspiele

Sebastian Zimmler (Orest), Lea Fendesack (Hermione), Sebastian Rudolph (Apoll), Julia Riedler (Elektra), Barbara Nüsse in „Orestie I – IV“ in der Regie von Nicolas Stemann bei den Salzburger Festpielen. Foto SF/Armin Smailovic
Sebastian Zimmler (Orest), Lea Fendesack (Hermione), Sebastian Rudolph (Apoll), Julia Riedler (Elektra), Barbara Nüsse in „Orestie I – IV“ in der Regie von Nicolas Stemann bei den Salzburger FestpielenFoto: SF/Armin Smailovic

Sie tragen wallende Gewänder oder Kampfanzüge, schwingen martialische Äxte oder halten Politreden auf fahrbaren Podesten. Die altgriechischen Helden und Götter agieren in Nicolas Stemanns „Orestie I-IV“, koproduziert mit dem Thalia Theater Hamburg, im zeitlichen Irgendwann – ob im antiken Athen oder, sagen wir, im heutigen US-Kapitol, das darf und soll hier mutwillig ineinander verschwimmen. Regisseur Stemann, der Züricher Ex-Ko-Intendant, hat für die Salzburger Festspiele auf der Pernerinsel in Hallein vier klassische Tragödien über Aufstieg und Verfall der Demokratie – „Agamemnon“ (Aischylos), „Elektra“ (Sophokles), „Eumeniden“ (Aischylos) und „Orestes“ (Euripides) – zu einer eigenen vierstündigen Textfassung umgeschrieben und zusammenmontiert. Pathos, Poesie und hoher Ton sind weitgehend raus, die Akteure sprechen eine einfache, heutige, durchaus diskursfähige Sprache, meist cool und mit wenig behauptetem Exzessiv-Gebrüll. Aktualität muss hier nicht eigens aufgezeigt werden, denn fast alles dreht sich um eine einzige Frage, die Stemann, der hier auch als Conferencier agiert, gleich zu Anfang stellt: „Wie schaffen wir es, dass wir Menschen uns nicht andauernd umbringen, obwohl wir das gerne tun?“

Genau diese Formulierung – irgendwo zwischen Tragik und Ironie – gibt den Tonfall des Abends vor. Es geht um den Kreislauf von Rache und Vergeltung, es geht um die Gefährdung demokratischer Formen, freilich in leichter,...

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