Veropern
von Tina Hartmann
Erschienen in: Lektionen 8: Neue Dramatik (10/2025)
– klingt weniger schmeichelhaft als (→ Vertonen), eher nach „herunterbrechen“. Tatsächlich entspricht „verkleinern“ sowohl dem Wortsinn Libretto (= italienisch: Text-Büchlein) als auch dem Entstehungsprozess. Kleiner an Umfang, umfasst das Libretto gegenüber seiner Stoffvorlage – verglichen mit einem Theaterstück, beispielsweise Friedrich Schillers – maximal ein Drittel, bei Romanen je nach Umfang ein Zehntel oder weniger des ursprünglichen Textes. Mit der Notwendigkeit extremer Verknappung ist das Libretto nach literarischen Vorlagen (Literaturoper) dabei nicht selten dem Vorwurf der ‚Verflachung‘ ausgesetzt.1 Stoffvorlagen bearbeiten die meisten Libretti der Operngeschichte,2 auch wenn erstere mitunter gegenüber den Opern heute kaum mehr gespielt werden, wie die Dramenvorlagen von Rigoletto (Victor Hugo, 1851) oder La Traviata (Alexandre Dumas d. J., 1853) von Francesco Maria Piave für Giuseppe Verdi. Neue Geschichten, sogenannte Originallibretti wie Hugo von Hofmannsthals Der Rosenkavalier (1911), sind in der Operngeschichte eher die Ausnahme. Der zentrale Vorteil einer Stoffbearbeitung liegt darin, dass dem Publikum die Geschichte bereits bekannt ist und die Oper sich statt auf das „Was“ ganz auf das „Wie“ der Darstellung konzentrieren kann. Ab dem 20. Jahrhundert werden Opern zunehmend von Filmen inspiriert, wie Lost Highway von Elfriede Jelinek für Olga Neuwirth 2003. Filme kommen der Oper in vielerlei Hinsicht besser entgegen als...