Annemie Vanackere, Aenne Quiñones, Sie sind beide durch die Volksbühne unter Frank Castorf künstlerisch geprägt worden. Sie, Frau Vanackere, als Kuratorin, die in den Nullerjahren häufig nach Berlin kam, um Produktionen des Hauses erstmals in die Niederlande zu holen. Sie, Frau Quiñones, als langjährige Dramaturgin und Kuratorin am Haus, insbesondere am Prater mit René Pollesch. Wird das Ende der Castorf’schen Intendanz da nicht auch zu einem persönlichen Einschnitt in der eigenen Biografie?
Annemie Vanackere: Es war natürlich nicht die Stadt, in der ich damals gewohnt und gearbeitet habe. In diesem Sinne wäre es für mich vielleicht vergleichbar, wenn Anne Teresa De Keersmaeker bei Rosas rausgeworfen wird und mit der Truppe plötzlich was ganz anderes passiert.
Aenne Quiñones: Ich kann mir ehrlich gesagt noch gar nicht vorstellen, dass die Volksbühne anders bespielt werden soll. Der Ort als solcher ist nach wie vor eine starke Setzung in der Stadt. Für mich kommt noch dazu, dass mich mit der Volksbühne nicht nur eine Arbeitsbiografie verbindet, sondern auch meine eigene Sozialisierung als Ost-Berlinerin. Das, was an der Volksbühne unter Castorf stattfindet, ist eine einmalige Form der Auseinandersetzung mit der Geschichte dieser Stadt, die aus zwei Teilen zusammengewachsen ist, was an vielen Stellen noch offensichtlich...