Frank Castorfs „Die Brüder Karamasow“ sind aus der Sargfabrik bei den Wiener Festwochen nach Hause gekommen – in der noch von Bert Neumann umgestalteten Volksbühne samt Sitzsäcken auf asphaltiertem Parkett. Mit Blick auf ein dunkles russisches Holzhaus auf der Bühne und etlichen Neben- und Außenräumen, inklusive Sauna, fürs Live-Video von Andreas Deinert und Jens Crull.
Die sechsstündige Inszenierung ist der siebte Dostojewski Castorfs, und der Roman selbst ist praktisch auch die Summe des russischen Erzählers mit seinen Themen zwischen Ost und West, Freiheit und Orthodoxie, Liebe und Chaos. Der erste Teil fungiert als überlange, zweieinhalb Stunden dauernde, dabei aber klare Exposition zu den Figuren und der ja an sich nicht so üppigen Handlung um einen Vatermord in der russischen Provinz. Hendrik Arnst, Castorf-Partisan schon in Anklamer Zeiten, spielt diesen Vater Fjodor Pawlowitsch als gehetzten Lebemann, der die Söhne Dmitri (Marc Hosemann), Iwan (Alexander Scheer) und den ganz untypisch, wie einen drallen Bacchus beleibten Alexej (Daniel Zillmann) sowie seinen illegitimen Sohn Smerdjakow als Diener (Sophie Rois) auf Abstand hält. Betriebsam wird das erst durch die darum gruppierten Frauen – Kathrin Angerer als begehrte Gruschenka, Lilith Stangenberg als Katerina Iwanowna und Margarita Breitkreiz als Lisweta Smerdjastschaja. Jeanne Balibar verkörpert, mit schütterem Haar...