„Am Ende kann ich ihm immer den Stecker ziehen“, bemerkt Thomas Melle gegen Ende des Abends mit Genugtuung in der Stimme. „Ihm“ meint sein animatronisches Double: Ein Roboter, der nach dem Ebenbild des Schriftstellers konstruiert wurde, dem dessen Mimik und Gestik einprogrammiert wurden und der mit dessen Stimme spricht. Große Aufmerksamkeit erlangte Melle durch seinen autobiografischen Roman „Die Welt im Rücken“, in dem er sein Leben mit einer bipolaren Störung literarisch erfahrbar macht. Nun hat Rimini Protokoll (Stefan Kaegi) zusammen mit ihm an den Münchner Kammerspielen den Theaterabend „Unheimliches Tal / Uncanny Valley“ zur Uraufführung gebracht, der die Krankheit theatral spürbar macht und gleichzeitig versucht sie zu überwinden.
Der Roboter sitzt lässig in einem Sessel. Schräg vor ihm befindet sich ein Laptop, weiter seitlich eine Leinwand. Er beginnt einen Vortrag, in dem er anhand der Biografie des Informatikers und KI-Pioniers Alan Turing und seiner eigenen die Überwindung des Uncanny Valley erörtert. „Der japanische Robotiker Masahiro Mori nennt diese Spanne, wo ein Roboter einem Menschen ähnlich sieht, aber nicht genug und deshalb Schauder und Befremdung auslöst ‚Uncanny Valley‘“, erklärt der Roboter dem Publikum. Es ist schon sonderbar, wenn eine Maschine ihre eigene Unzulänglichkeit erklärt – zugleich wirkt es menschlich. Ein ständiges...