Schnürlregen ist jener Salzburger Nieselregen, der, als wäre das Salzburgische eine subtropische Klimaregion, sehr oft und lang anhaltend das barocke Dickicht der früheren Residenzstadt einwässert, samt ihrer abertausend, dann in dünne Plastikumhänge gehüllten Touristen. Natürlich gehen auch alle Freiluftaufführungen im Bundesland dadurch baden.
Geschöpfe wie Johanna Wokalek bleiben von so einem Schnürlregen immer verschont. Auch die sich wieder aufstauende Hitze, die nach so einem Schnürlregen beißend in die Gassen dringt, erreicht sie nicht. Während Menschen und Mozartkugeln ringsum schmelzen, steigt die Schauspielerin am Alten Markt mitten in der siedend heißen Altstadt im schwarzen Sommerkleid vom Fahrrad, als wäre nichts geschehen. Keinerlei Anstrengung trübt ihr blasses Gesicht, dem sie später im Kaffeehaus ein wenig zufächeln wird. Immer wieder ist von einem „Madonnengesicht“ die Rede. Das kostet die Schauspielerin freilich nur einen müden Lacher. Denn dieses Madonnengesicht hat es in sich. Mit ihrem schmalen, feinen Antlitz hat Johanna Wokalek die verzagtesten Mädchen und die formstrengsten Königinnen gespielt.
Traurige, abgesenkte Punkte können ihre Augen sein, wenn sie den aus dem Irakkrieg heimgekehrten Soldaten abweisen muss – in „Motortown“ von Simon Stephens (Akademietheater 2008, Regie Andrea Breth). Oder weithin leuchtende Funkelsteine wie jene der beflissenen Bildhauerin Evelyn, die in Neil LaButes „Pygmalion“-Neudichtung „Das Maß...