Das Theater Freiburg feiert das Autorentheater: Gleich zwei Auftragswerke kamen am selben Abend als Doppelpremiere zur Uraufführung. Gegenwartsdramatik zur Gesellschaft und ihren Verwerfungen. Paul Brodowsky gestaltete mit „Intensivtäter“ einen hysterischen Gesellschaftsdiskurs über den angeblichen Extremismus jugendlicher Straftäter. Dirk Laucke fokussiert in „Seattle“ Randfiguren dieser Gesellschaft, die zwischen idealistischer Gesellschaftskritik und realen Schulden zerrieben werden. Berlin-Neukölln statt Freiburg-Wiehre: Großstadtthemen, und diese bewusst nicht im kleinen Haus. Freiburgs riesige Bühne mit über 800 Plätzen ist dabei mehr als ein Spielort. Die Botschaft des Theaters lautet: Wir zeigen unsere Auftragswerke in unserer größten und repräsentativsten Stube. Eine mutige Programmatik, die vorab Respekt verdient.
Es liegt nahe, mit Polaritäten zu arbeiten, wenn Vielfalt einen einheitlichen Abend sprengt. Paul Brodowskys vier Figuren vertreten laut Dramaturgin Viola Hasselberg eher „Positionen“, als dass sie als Charaktere entwickelt werden: Eine Jugendrichterin (Johanna Eiworth), ein Bezirksbürgermeister (Holger Kunkel), eine in ein präventives Jugend-Tanz-Projekt involvierte Performerin (Charlotte Müller) sowie eine Mutter (Iris Melamed) des scheinbar einzigen „indigenen“, gemeint ist: deutschstämmigen, Jugendlichen seiner Klasse. Es bildet sich von Anfang an ein zwar vielstimmiger, aber doch einheitlicher Chor medialer Stereotypen über die Gefahren aus Migration, Entfremdung, Beziehungs- und Bindungslosigkeit, der der Jugendlichen gar nicht bedarf, um schrill und künstlich zu klingen.
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