Dietmar Sachser: Frau Höhne, Sie arbeiten seit nunmehr über zwanzig Jahren mit ganz besonderen Schauspielern. Können Sie Ihr Kunstverständnis beschreiben?
Gisela Höhne: Kunst ist immer schon Reflexion über die Gesellschaft. Für mich bedeutet Kunst auch die Freiheit des Ausprobierens, der Entwürfe, der Projektionen. Wolfgang Heise sagte, dass Theater „immer Laboratorium der sozialen Phantasie“ sei. Das heißt, gefahrenfreies Ausprobieren und Vorstellen von Möglichkeiten, die auf der Sehnsucht nach Verbesserung des Zusammenlebens, des Lebens überhaupt basieren, auch auf Utopien. Natürlich auch als Selbstverständigung. Ich wähle die Kunst, um mit etwas, das ich verstehen möchte, besser umgehen zu können. Insofern ist der Kunstbegriff für mich sehr weit gefasst. Und hinzukommt – mit das Wichtigste – eine Form von Reflektiertheit; sonst könnte man ja sagen, in einem ganz weiten Sinn ist alles Kunst. Oder um mit Beuys zu sprechen: „Jeder ist ein Künstler.“ Für mich gehört zum Kunstverständnis, dass der gestaltende Vorgang bewusst stattfindet. Das bedeutet nicht, dass der Gestaltende eine Ausbildung haben muss, denn es kann ja durchaus sein, dass man auch ohne jede Ausbildung einen Entwurf, eine Projektion herstellt, die künstlerischer Natur ist. In der Auseinandersetzung damit, worin die Unterschiede bestehen, stellt sich die Frage: Wann sind unsere Schauspieler Schauspieler...