Man müsste mal alle Inszenierungen Frank Castorfs, also alle aus mehr als 35 Jahren, aneinanderlegen und sehen, was da als theater- und zeitgeschichtlicher Kommentar herauskommt. Da gibt es den russischen Strang um Dostojewski herum, der vor allem um die zivilisatorischen Phänomene zwischen Ostund Westeuropa mit Ausblick nach Amerika gewickelt ist. Und es gibt eine andere Linie, bei der die Autoren als Material nicht ganz so einfach zusammenzubringen sind, die aber im Kern eine Auseinandersetzung mit den Problemen des Theaters als eine Art Gesamtkörper enthalten. Dazu gehört nun der höchst selten aufgeführte „Pastor Ephraim Magnus“, der in der Titelgestalt zunächst einmal unerfüllte und fehlgeleitete Religionsausübung verkörpert und diesen Abgrund als Vermächtnis an seine Kinder weitergibt. Dass dabei die Körperlichkeit des Theaters gegen die Macht der Worte mit auf dem Spiel steht, kann man in dem über fünfstündigen Abend nach und nach entdecken – am Ende wird tatsächlich von einer Kanzel mit Artaud gegen das Primat des Textes über die Körper im Theater gepredigt, was als Paradox so abgründig wie Jahnns Stück selbst ist, aber eben auch ganz Castorf, der wohl den Autor allein hierfür umarmen würde: „Der vollkommen hoffnungslosen Lage, wie sie allmählich geworden, steht nur eine rettende Kraft entgegen, die...