Not mache erfinderisch. Diese Behauptung hatte Konjunktur in Pandemie-Zeiten. Natürlich, manche Dinge wurden entwickelt, manche Prozesse in Gang gesetzt, die es ohne die pandemischen Beschränkungen nicht geben würde. Auch die Darstellenden Künste profitierten davon. Sie erlebten eine digitale Transformation, die so im Jahre 2019 kaum vorstellbar war, geschweige denn für realisierbar gehalten wurde. Und weil eben ein akuter Mangel an analogen Theatererlebnissen, an Begegnungen mit Menschen und einem Teilen von Raum und Zeit herrschte, wurden die neuen Formen, die Surrogate, Substitute und Erweiterungen, meist sehr dankbar angenommen.
Bevor man das, was stattfand, was trotzdem war, einfach nur als gelungen annimmt und gegeben hinnimmt, sei kurz beim Philosophen Immanuel Kant nachgelesen. Der schreibt in seiner „Kritik der Urteilskraft“ von drei Arten des Wohlgefallens. Eine davon, das Angenehme, charakterisiert Kant als ein „Wohlgefallen ohne Wahl“. Er kritisiert daran: Nur wenn Bedürfnisse befriedigt seien, ließe sich unterscheiden, wer Geschmack habe oder nicht. Erst der Gesättigte ist also zum ästhetischen Urteil in der Lage.
In diesem Sinne gesättigt waren in den letzten anderthalb Jahren wohl nur die wenigsten. Diese Festivalrückschau strebt dennoch an, nach den künstlerischen Strategien zu schauen, die über die Notfallbewältigung hinaus gingen und für ein digital erweitertes Figurentheater neue Horizonte eröffnen...