Report
Im Herzen Europa(s)
Das litauische Theater zeigt seine Highlights in der Ostseestadt Klaipėda
Assoziationen: Europa Laura Kutkaitė
Erschienen am 7.6.2023

Es herrscht Dunkelheit auf der Kleinen Bühne des Klaipėdos Dramos Teatras. Pavlo Arie, gespielt von Vaidas Praspaliauskas, leidet unter Depressionen. Die Person, die er liebt, hat ihn verlassen. Den einzigen Rat der Therapeutin, den es ihm gelingt umzusetzen, ist der, seine Gefühle aufzuschreiben. In dem Moment, in dem er die Methode als hilfreich konstatiert, beginnt der Angriff auf Kyjiw.
„Civilio Dienoraštis“ („Tagebuch eines Zivilisten“), ein Monolog inszeniert von Stas Zhyrkov am litauischen Alytaus miesto teatras, beschreibt die ersten vierzehn Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine aus der Perspektive des Dramaturgen und Autors Pavlo Arie. Die Bühne, einfach ausgestattet mit einem Tisch, einem Stuhl, einem Sessel, und einer Pflanze, dient als Kyjiwer Wohnung, nach hinten begrenzt durch eine große Leinwand. Auf die Leinwand werden Facebookeinträge projiziert, private Fotos von Arie, von seiner Mutter und deren Lebensgefährten, mit der er mehrmals am Tag telefoniert, die sich nur wünscht, dass ihr Sohn während des Luftalarms bei ihr in Lwiw wäre. Er bleibt in Kyjiw. In 1,5 Stunden schildert der Abend autofiktional die Gedanken und Gefühle eines Menschen, den alle im Zuschauerraum kennen könnten. Ein Theatermensch, einer von uns. Die Stimmung schwankt zwischen der Euphorie des Überlebenden und bitterer Verzweiflung. Das wird...
Erschienen am 7.6.2023