Report
Wir sind Punks
Wie das ungarische Theaterkollektiv Kerekasztal mit Repression und Kürzungen zurechtkommt
von Janka Visky
Erschienen in: Theater der Zeit: Tilda Swinton – Zwischen Bühne und Film (12/2025)

Im Oktober erinnerten zwei gleichzeitig stattfindende Massenveranstaltungen an den ungarischen Volksaufstand von 1956: Viktor Orbáns „Friedensmarsch“ und der „Nationalmarsch“, organisiert von seinem politischen Gegner Péter Magyar. Beide Kundgebungen zogen ähnlich große Menschenmengen an – ein sichtbares Zeichen für die wachsende Unterstützung Magyars mit Blick auf die ungarischen Parlamentswahlen im April 2026. Ein möglicher Regierungswechsel könnte auch für die ungarische Theaterszene neue Perspektiven eröffnen. Denn in den vergangenen Jahren hat das Orbán-Regime mit politischen und finanziellen Eingriffen viele Freie Theater zerstört und damit eine der reichsten und vielfältigsten Theaterlandschaften Ostmitteleuropas stark geschwächt.
Doch wie konnten sich die wenigen noch verbliebenen Akteur:innen der Freien Theaterszene gegen diese Repressionen behaupten? Während meiner dreimonatigen Feldforschung im Jahr 2023 habe ich beobachtet, wie das Theaterkollektiv Kerekasztal (Round Table Company) mit politischem Druck, finanzieller Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit umgeht – und dabei jene radikaldemokratischen Praktiken bewahrt, die diese Gruppe, gemeinsam mit anderen, am Leben gehalten haben.
Meine erste Begegnung mit der Theatergruppe habe ich an einem warmen Frühlingstag im März 2023. Vom Széll-Kálmán-Platz in Buda führt mich der Weg den Hügel hinauf – vorbei an einem Einkaufszentrum, Cafés, Schulen, einem Krankenhaus und einem Tennisplatz –, bis ich schließlich das Kulturzentrum Marczi erreiche, in dem Kerekasztal beheimatet ist....














