Das Kapitel Übersetzung
Frank Günther und noch viel mehr
von Ute Nyssen
Erschienen in: Ist’s vorüber, lacht man drüber (11/2025)

»SHAKESPEARES DEUTSCHE STIMME«, wie die NZZ schrieb, Frank Günther, war »einer der bedeutendsten deutschen Übersetzer«, wie die FAZ urteilte. Ihn haben wir um 1973 kennengelernt. Jemand hatte seinen Namen lobend erwähnt im Zusammenhang mit einer Stückübersetzung für den amerikanischen Regisseur Charles Marowitz. So fuhr ich nach Heidelberg, wo Frank Günther als Regisseur arbeitete. Wir wussten, dass er auch Anglist war. Bei der Begegnung war der Dramaturg Hartwin Gromes anwesend, und die beiden versuchten mich mit allerlei Themen aufs Glatteis zu führen, halb flirtend, halb kritisch prüfend. Aber niemand, auch ich nicht, glitt aus; so wurde also mit Frank Günther auf Probe ein Übersetzervertrag geschlossen. Gegenstand war Thomas Middletons Molly Goldammer, ein Stück von 1630 (Originaltitel A Chast Mayd in Cheapside − Ein keusches Mädchen auf der schiefen Seite). Wir waren uns einig – und diese Entscheidung bestimmte maßgeblich alle späteren Verträge –, dass es, originalgetreu, eine deutsche Versübertragung werden sollte. (Von heute aus betrachtet, im Zeichen der »Überschreibung«, Zeitverschwendung und ökonomisch ein Witz.) Es folgten weitere Ausgrabungen, für die wir aber keine Bühne begeistern konnten. Doch schließlich fand sich eine für den relativ bekannten Titel von Ben Jonson, Der Alchemist (1610), die Städtischen Bühnen Frankfurt brachten 1975 die Erstaufführung...