Unregelmäßiges Theater im elisabethanischen England
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Assoziationen: Theatergeschichte Europa
Shakespeare war als Dramatiker und Theatermacher die überragende Persönlichkeit im Theater der frühen europäischen Neuzeit und hat dessen weitere Entwicklung wesentlich beeinflusst. Er wurde das wichtigste Modell für die deutsche Nationaltheater-Bewegung seit dem Sturm und Drang und der frühen Klassik und wohl kein anderer Theaterkünstler Europas hat bisher so auffällig das Theatergeschehen in der ganzen Welt mitgeprägt wie er.67 Seine Stücke und deren Aufführungspraktiken standen jedoch geradezu im Gegensatz zu dem regelgemäßen Theater und wurden als solche bis weit ins 18. Jahrhundert hinein so behandelt. Das deutet an, wie komplex, vielschichtig und widerspruchsvoll der Prozess war, in dem sich ausdifferenziertes Theater gegenüber der Vormoderne als eine kulturell nicht unwichtige Komponente der welthistorischen Umwälzungsprozesse in Europa wesentlich veränderte.
Begann das regelgemäße Theater wesentlich mit der illusionistischen Bühnenraumgestaltung und dem nach dem rationalistischen Wahrscheinlichkeitsnormativ disziplinierten Drama, so waren die wohl wichtigsten Keimzellen des Theaters Shakespeares Schauspielertruppen, die als Common Players im Dienst oder unter dem Protektorat des Königs und des Hochadels ihre Aufführungen als Ware verkauften, gleichsam im kulturellen Feld das Zusammenwirken von Monarchie bzw. nationalstaatlicher Macht und frühbürgerlich-frühkapitalistischen Elementen aufzeigend, das für den welthistorischen Umbruch Europas des 16. und 17. Jahrhunderts entscheidend war.
Ein Zeichen sich anbahnender Veränderungen im sehr...