Der charmante Betrüger
Luk Perceval über seine Idee eines Künstlertheaters im Gespräch mit Thomas Irmer
von Luk Perceval und Thomas Irmer
Erschienen in: Arbeitsbuch 2019: Luk Perceval (07/2019)
Luk Perceval, Sie sind mit Ihrer neuesten Produktion „Black / The Sorrows of Belgium I: Congo“, die im März 2019 am NTGent herauskam, zu einem alten Thema zurückgekehrt: der immer noch nicht aufgearbeiteten belgischen Kolonialgeschichte. Die Besetzung aus acht Schauspielerinnen und Schauspielern ist sehr schön multikulturell gemischt. Entspricht das Ihrem Modell von Theater, das Sie als Artist in Residence am NTGent gemeinsam mit Milo Rau, dem Intendanten, durchsetzen wollen?
Dazu gibt’s noch eine schwarze Schauspielerin, Andie Dushime, die die männliche Hauptrolle spielt. Ja, das ist tatsächlich etwas, das wir hier durchsetzen möchten. Wir möchten vom „Type-Casting“ wegkommen. Es soll vielmehr um Persönlichkeiten auf der Bühne gehen, sodass die Präsenz dieser Schauspielerinnen und Schauspieler auch bei den Zuschauern ein anderes Bewusstsein auslöst. Die Spieler sprechen manchmal Texte, die, wenn sie von jemandem mit kongolesischen Wurzeln kommen, sehr provokativ sind, weil der Rassismus in der Gesellschaft so erst richtig deutlich wird. Das ist tatsächlich die Idee für dieses Haus und einer der Gründe, warum ich hier bin. Im deutschen Stadttheater haben mir diese Möglichkeiten sehr gefehlt. Das Modell des festen Ensembles in Deutschland ist einerseits sehr schön, weil es auch eine bestimmte Utopie ausdrückt, andererseits schränkt es auch sehr ein.
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