Zu Beginn sieht man am linken Bühnenrand neben einem kleinen Weihnachtsbaum Bilder vom Eichmann-Prozess auf einem Fernsehbildschirm laufen, während zwei Spieler eine Marx- Engels-Gesamtausgabe aus dem wie ein Regal wirkenden Bühnenaufbau räumen. „Karl Marx: Das Kapital, Erster Band“ war vor neun Jahren ein mit dem Mülheimer Dramatikerpreis ausgezeichneter Abend von Rimini Protokoll zu einem ebenfalls bekannten und weithin – vermutlich – wenig gelesenen Buch. Das „Kapital“-Bühnenbild von Marc Jungreithmeier und Grit Schuster ist nun in der Rückansicht mit kleinen Nischen und Podesten der Ort für Hitlers „Mein Kampf“, das vor allem im zweiten Teil mit großem Geschütz gegen den Bolschewismus, auch in der Kultur, ausholt. Der Weihnachtsbaum neben Eichmann erklärt sich, wenn die Rechtshistorikerin Sibylla Flügge erzählt, dass sie mit 14 Jahren ihren Eltern ein selbst gefertigtes „Mein Kampf“-Exzerpt zum Fest schenkte. Dann kommt Christian Spremberg, der als blinder Moderator und eloquenter Experte auch schon beim „Kapital“ dabei war, mit einem Einkaufswagen voll mit sechs dicken Bänden „Mein Kampf“ in Brailleschrift. Das Ertasten eines Hakenkreuzes auf dem Buch bedeutet ihm nichts, denn für ihn ist Nazi-Kult vor allem über Stimmen und Sprechweisen definiert – er kennt nur die Audioseite der Propaganda, was hier aber auch deren visuelle Qualität in dieser...