Ich erwartete zunächst, dass „eine performative Enzyklopädie weiblicher Wutausbrüche, die Ausrasten als Empowerment-Strategie anwendet“, sehr körperlich, wild und leidenschaftlich werden würde.
Tiina Sööt und Dorothea Zeyringer vollzogen mit klarer, entschlossener Haltung und begleitet von zwei simplen, vierfüßigen Holzhockern eine ebenso präzis gesetzte wie aufeinander abgestimmte Choreografie in 28 Kurzkapiteln. Weder geografisch noch chronologisch sortiert, warf ein Beamer historische Aktionen weiblichen Widerstands und die dazugehörigen Namen an die Wand hinter den Performerinnen, die extrem reduzierte Bilder generierten. Gleichwertig folgte ein Vorgang konsequent aus dem vorherigen, ohne dabei zu einem organischen Handlungsverlauf zu werden. Die Neugier auf die neue Variante, den neuen kleinen Spannungsbogen, trug durch die Dauer. Jahreszahlen und Kurzerklärungen der jeweils zitierten Ereignisse barg das Programmheft. Alles sachlich, weitestgehend emotionslos, cool. Wie der Umgang mit den Dingen und Körpern auf der Bühne.
Das Verhältnis zwischen Performerinnen und Hockern bzw. ihren Einzelteilen war keineswegs ebenbürtig. Es wurde keine Animation oder phänomenologische Untersuchung des Materials angestrebt. Die Hocker dienten als Instrumente zur Bildgenese. Dennoch erschienen sie als wichtige Kollegen: Allein auf der Bühne klagten sie als leere Plätze an, sie ließen, als Furienhäupter über den Boden schleifend, donnerndes Geheul erklingen oder empörten stumm wackelnd als Penisstereotype. Sie wurden gehalten, um die Muskelkraft...