Auftritt
Opernhaus Zürich: Wunderbare Unwägbarkeiten
„Platée“ von Jean-Philippe Rameau, Libretto von Adrien-Joseph Le Valois d’Orville und Balot de Sovot nach einem Stück von Jacques Autreau – Musikalische Leitung Emmanuelle Haïm, Inszenierung Jetske Mijnssen, Bühne Ben Baur, Kostüme Hannah Clark, Choreografie Kinsun Chan
von Elisabeth Feller
Assoziationen: Tanz Schweiz Theaterkritiken Musiktheater Opernhaus Zürich
In der Oper himmelt der Sopran den Bass an. Was daraus wird, füllt einen ganzen Abend. Was aber, wenn eine (hässliche) Frau von einem Mann gesungen wird? Zumal von einem Haute-Contre, wie ihn vornehmlich die französische Barockmusik kennt? Dann fordert dieser (Travestie-)Umstand eine Regisseurin heraus. Doch Jetske Mijnssen kniet sich neugierig und voller Lust in Jean-Philippe Rameaus Libretto zu dessen Ballet bouffe (Ballettkomödie) „Platée“ rein.
„Ouffe!“, entfährt es Rameaus Wassernymphe Platée, als sie von Jupiter mit Schmeicheleien umgarnt wird. So unerwartet, glaubt Platée, ist das allerdings nicht, ist sie doch überzeugt, dass sich die Männerwelt einzig um sie dreht. Aber Göttervater Jupiter höchstpersönlich? Da muss selbst die nach Liebe Dürstende tief Luft holen. „Ouffe“, sagt sich auch die Zuschauerin innerlich, weil Mijnssens Zugriff vor allem dies ist: überzeugend und unterhaltend. Die Niederländerin weiss, dass mit einer unansehnlichen Frau in einem Ballet bouffe kein Staat zu machen ist. Also besinnt sie sich auf das, was immer wieder funktioniert: Sie inszeniert Theater auf dem Theater.
Bei Mijnssen ist Platée (Mathias Vidal) ein Mann, der nicht unter Wasser, aber gleichwohl in der Unterwelt lebt: im Souffleurkasten eines Zweispartenhauses mit Oper und Ballett (Bühne Ben Baur). Platée klettert nur dann aus seinem Kabäuschen, wenn...
Erschienen am 20.12.2023
