Stück
Der große Marsch
von Wolfram Lotz
Erschienen in: Recherchen 167: Dramatisch lesen – Wie über neue Dramatik sprechen? (05/2023)
»Die meisten Theaterleute sind (natürlich gibt es Ausnahmen) Arschgesichter.« Mit dieser Zueignung beginnt der Autor seinen Großen Marsch durch alle erdenklichen Kapitalismuskritik-Klischees und festgefahrenen Sichtweisen, die sich so in den letzten Jahren auf dem Theater in Deutschland durchgesetzt haben und zum neuen Maßstab geworden sind. Am Ende gibt er die Sicht frei auf einen neuen, radikalen, anarchistischen, poetischen und auch ratlosen Blick auf die Welt, der alle Erwartungshaltungen an die Kunst und alle Standardisierungen eines politischen Diskurses abschütteln und neues Terrain erobern will.
Die Form des Stücks ist eine Revue, kraftvoll und extrem witzig. Durch den Abend führt eine aggressive, politisch korrekt verblödete Schauspielerin. Themen und Gäste sind unter anderem die RAF, Horst Mahler, Josef Ackermann, Arbeitgeberpräsident Hundt, Bakunin, Hamlet, Prometheus, der Autor selbst mitsamt seiner Mutter, »die Wirklichkeit« in Form einer Gruppe von Sozialhilfeempfängern, der Wunsch nach Unsterblichkeit und ein wunderschönes, unspektakuläres Gedicht.
II.
Kommt und esst
Die Bühne ist durch einen hüfthohen hölzernen Gartenzaun vom Publikum abgetrennt, allerdings ist die Abtrennung nur symbolisch, das heißt, der Gartenzaun ist lediglich drei Meter lang und erstreckt sich somit – links beginnend – nur über einen kleinen Teil des Bühnenrandes. In der Mitte der rechten Bühnenhälfte steht das Buffet: ein vier...