Chapter one: My body. Ich rolle ganz langsam meinen Kopf über meine Brustplatte.“ Lucy Wilke, die diese Worte spricht, sitzt dicht neben Paweł Duduś, manchmal in seinen Armen. Sie gibt eine Bewegung vor, er macht sie nach. Beider Bewegungen sind klein – und fein aufeinander abgestimmt wie Worte, die gemeinsam einen Satz bilden sollen. Das Publikum sitzt auf gemütlichen Fellen sehr nah bei den beiden, um eine knappe Stunde lang den Spielarten einer ganz besonderen Freundschaft beizuwohnen, in der der queere Tänzer aus Polen die Bewegungen der mit spinaler Muskelatrophie geborenen Schauspielerin vergrößert, ihr assistiert, wenn sie bequemer sitzen oder ihr Gesicht unansehnlich machen will, das vergiftete Komplimente auf Tinder und Co. von ihrem Körper abgetrennt haben: „You have such a pretty face, but …“ Aber auch Lucy kann von ihrem Rollstuhl aus Paweł unterstützen, etwa wenn er oversexed im Schmetterlings-String-Body tanzt. Dann schenkt sie ihm Raum, Zeit und Blicke, die sagen, dass es gut ist.
Schon als „Scores That Shaped Our Friendship“ am 13. Februar 2020 im Münchner schwere reiter Premiere hatte, war das eine einzigartig berührende Erfahrung. Dabei konnte damals noch keiner ahnen, wie sehr uns ein gutes Jahr später Berührung in all ihren Spielarten fehlt. Ebenso wenig,...