Wir stehen heute gemeinsam hier, weil wir uns vor zwanzig Jahren vorgenommen haben, Performances zu entwickeln, die das Theater ersetzen sollten, das damals hauptsächlich um uns herum stattfand.“ Mit diesen Worten begannen James Long und Maiko Yamamoto ihre Dankesrede, als ihnen 2019 der Siminovitch Prize, der höchstdotierte und angesehenste kanadische Theaterpreis, verliehen wurde. Er wäre verlockend, die Geschichte der Zusammenarbeit der Künstlerischen Leiter:innen des Theatre Replacement aus Vancouver als eine Erfolgsgeschichte zu skizzieren: Zwei chaotische Menschen arbeiten zusammen, überwinden Meinungsverschiedenheiten und Unterschiede und werden schließlich sehr, sehr gut. Interessanter ist es allerdings zu sehen, wie sie auf dem Weg nach oben mit Unentschlossenheit, Konflikten und Widerständen umgehen. Denn ihre Arbeit stellt bis heute stets folgende Frage: Was entsteht aus einer Beziehung, der man erlaubt, sich in ständiger Entwicklung zu befinden? Betrachten wir beispielsweise „MINE“ (2018), das Stück, das Yamamoto gemeinsam mit ihrem damals zwölf Jahre alten Sohn Hokuto entwickelt hat. Es untersucht die Komplexität von Mutter-Sohn-Beziehungen, verwebt mit dem spekulativen Erschaffen von Welten durch das Spiel „Minecraft“. Es versammelt Stimmen, wird von Akteuren unterschiedlicher Generationen performt, und häuft eher Bedeutungen an, als Schlussfolgerungen oder Antworten zu bieten. Seine Kernbeziehung (Mutter und Sohn) widersetzt sich einer bequemen Klärung. Wie ein zwölfjähriges...