40 Jahre Kampnagel
Die wilden frühen Jahre
von Ulrich Waller
Erschienen in: Kampnagel Hamburg. 40 Jahre Widerspruch – Workbook zum Jubiläum (07/2024)
Assoziationen: Theatergeschichte Hamburg Freie Szene
In hundert Jahren wird man davon erzählen: Die Hamburger Kampnagelfabrik war in den 1980er Jahren so etwas wie der Melting-Pot des deutschen Theaters. Zwischen Taubenscheiße und Pfützen, in Hallen, durch die die Kälte zog, trafen ausgestiegene Staatstheaterschauspieler*innen und Regisseur*innen auf freie Theaterschaffende, die bisher entweder dezidiert schwules Theater gemacht hatten oder auf solche, die auf der heftigen, manchmal auch verzweifelten Suche nach neuen Formen für das politische Theater waren.
Doch bevor es so weit war, eroberte 1981 das Deutsche Schauspielhaus das Gelände an der Jarrestraße. Ich weiß nicht, wie viele Fabrikhallen wir bereits als Ausweichquartier für die Zeit des großen Umbaus besichtigt hatten – Margarinefabriken, Schraubenfabriken, Textilfabriken in fast allen Hamburger Stadtteilen –, bis wir endlich auf Kampnagel standen. Hier hatten wir sofort das Gefühl: Das ist der richtige Ort für ein Theater. Alles roch noch nach der legendären »Maschinenfabrik N. & K.«, die der Hamburger Dichter Willi Bredel in seinem gleichnamigen Roman eindrucksvoll beschrieben hat. Gerd Schlesselmann, der damalige Verwaltungsleiter, hatte sie gefunden. Und es war alles da: eine große, lange Halle, in die wir zwei Theater K1 und K2 und zwei Probebühnen P1 und P2 einbauen konnten. (Zwei Theater deshalb, weil wir uns im Leitungsteam des Schauspielhauses nicht...