Anna Papst, in Ihrer Theaterreportage „Freigänger“, die auf Interviews mit Strafgefangenen und Fachleuten im Strafvollzug basiert, kommen sehr persönliche Themen von Menschen zur Sprache, die in extremen Situationen leben. Das Stück sucht nach Motiven, die erklären könnten, warum diese Menschen zu Verbrechern wurden. Wie ist es Ihnen gelungen, mit den Gesprächspartnern eine Vertrauensbasis aufzubauen?
Angefangen habe ich über die Institutionen. Ich habe sowohl den Direktor der Strafanstalt Lenzburg als auch den Direktor des offenen Strafvollzugs in Witzwil angeschrieben und ihnen mein Projekt vorgestellt. Beide waren sehr offen. Es war aber auch klar, dass wir niemanden von den Strafgefangenen zwingen würden mitzumachen. Dann habe ich einen ganz altmodischen Aushang gemacht. Klar war, dass alle Interviews anonymisiert werden. Und es gab auch keine Entlohnung. Das ist ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Als Gegengabe habe ich den Teilnehmern aber Telefonkarten geschenkt. Im Strafvollzug ist das ja die einzige Verbindung nach draußen. Ich war sehr überrascht, wie viele Interessenten sich gemeldet haben. Sie kamen zu mir in ein Büro, das ich während meiner Recherchen bekommen habe. Da hatten wir Zeit, um ins Gespräch zu kommen. Das Redebedürfnis war groß. In Witzwil leben viele Freigänger, die kurz vor der Entlassung stehen. Mit ihnen habe ich...