Bericht
In Leipzig dämmert’s schon
Die Freie Musiktheaterszene der sächsischen Musikmetropole entwickelt ihr Tracks-Festival
von Lara Wenzel
Erschienen in: Theater der Zeit: Neues Musiktheater (10/2025)
Assoziationen: Freie Szene Musiktheater Sachsen Oper Leipzig

„Klipp klapp, klipp klapp, Holz auf Stein.“ – Ein Sprechchor imitiert die Geräusche der Strafarbeit im größten Frauengefängnis der DDR. Die dazwischen platzierten Streicher betonen den monotonen Rhythmus nicht nur, sie brechen aus, bringen für einen Moment Unruhe in das Muster und verklingen wieder. Einheitlich im Blaumann gekleidet umringen die Singenden und Musizierenden Etagenbetten, denen Matratze und Laken fehlen. Kaltes Licht und blankes Metall bestimmen die erste Szene von „Ich bin mir selber fremd geworden“, einer Musiktheaterarbeit über das berüchtigte Frauenzuchthaus Hoheneck. Das dokumentarische Projekt des Leipziger Kollektivs Schatz & Schande verdichtet Zeitzeug:innenberichte zu einem poetischen Text und verwebt diesen mit zeitgenössischer Musik und dem Klang ratternder Nähmaschinen, an denen die Insassinnen ihre Strafarbeit leisten mussten. Eindringlich transportieren sie die beklemmende Atmosphäre auf die Bühne des Werk 2 im Leipziger Süden, in der einzelne Zeilen und Melodiefolgen das Drängen nach Freiheit anklingen lassen.
Die dokumentarische Inszenierung bietet als eine von vier Arbeiten einen Einblick in die vielfältige Freie Musiktheaterszene in Leipzig. Während des Tracks-Festival 2024 kam diese zum ersten Mal zusammen und wurde in ihrer Ballung sichtbar. Die erste Festivalausgabe war ein Zündfunken für die vielen einzelnen Musiker:innen, Sänger:innen und Regisseur:innen, die in der sächsischen Großstadt versprengt arbeiten. Mitinitiator Jeffrey...