Magazin
Wohltuend unzeitgemäß
Alvis Hermanis (English edition). Herausgegeben von Laima Slava. Neputns, Riga 2016, 640 S., 49,00 EUR.
von Erik Zielke
Erschienen in: Theater der Zeit: Schauspiel Leipzig – Martin Linzer Theaterpreis 2017 (06/2017)
In den Fokus der hiesigen Presse ist Alvis Hermanis zuletzt nicht aufgrund seines unverwechselbaren Regiestils, sondern wegen der skandalisierten Absage einer Inszenierung geraten. Das Engagement des Hamburger Thalia Theaters für Geflüchtete war ihm Anlass, eine Arbeit an dem Haus abzubrechen. Ob dahinter bloßes Ressentiment oder aber der kritische Blick auf den kurzen Sommer der Empathie steckte, ist schwer auszumachen. Die Opulenz, Eindrücklichkeit und Detailverliebtheit jedenfalls, die die Theaterabende des lettischen Regisseurs und Intendanten Hermanis auszeichnen, versucht ein großformatiger, prächtiger Bildband einzufangen und dem Künstler in genau diesen Eigenheiten nachzueifern. Paris, Wien und Berlin, Zürich, Salzburg und Sankt Petersburg heißen die Städte, in die der Theatermacher für Inszenierungen eingeladen wird. So erstaunt es auch nicht, dass der ambitionierte Rigaer Verlag Neputns zeitgleich mit der lettischen eine englischsprachige Ausgabe des Buchs veröffentlicht hat.
Mehr als vierzig Schauspiel- und Operninszenierungen, die Hermanis zwischen 1993 und 2016 verantwortet hat, zeigt der Band vor allem in ausdrucksstarken Bildern, aber auch in Kritikerstimmen und anekdotenreich in Aussagen des Regisseurs selbst. Ein einführender Essay wie auch das umfassende Werkverzeichnis versuchen, dem Leser Aufschluss über den Ausnahmekünstler zu geben. Besser aber gelingt das in einem abgedruckten Gespräch, in dem Hermanis die schlichte Formel für seine Arbeit nennt: „good...