„Die Geschichte hat dieses Stück schon lange abgespielt. Anstatt den Menschen zu befreien, sollten wir ihn überwinden, im Menschenpark den Menschen züchten.“ Im Medizinerkittel und mit strenger Mine unterweist Daniela Scheuren ihre sechs Mitspieler. Dem Publikum hat sie sich zuvor als Nachfahrin der Katze aus George Orwells Stalinismusparabel „Animal Farm“ vorgestellt, genauer: als Davongekommene, die den Glauben an den politischen Umsturz gegen den an Biochemie und Genetik eingetauscht hat (und offenbar auch ihren Sloterdijk kennt). Im selben Atemzug hat sie sich aber auch als Veteranin jener Theatertruppe eingeführt, die diese Orwell-Überschreibung in den nächsten zwei Stunden zur Aufführung bringen wird: das mehrsprachig arbeitende Agora-Theater, das 1980 durch den Regisseur und Autor Marcel Cremer im belgischen Sankt Vith gegründet wurde und als eine jener egalitären Nachgeburten von 1968 gelten kann, die eine seinerzeit bereits verlorene Revolutionshoffnung in anderer Form fortzuführen suchten.
Die Ebenen überlagern sich vielfach an diesem Abend, den der Philosoph und Kurator Felix Ensslin als Gastregisseur gemeinsam mit Scheuren am Forum Freies Theater Düsseldorf entwickelt hat. Orwells Figuren werden dabei höchstens bruchstückhaft und im Zitatmodus angedeutet – die zu Kalte-Kriegs-Zeiten durch zahllose Klassenzimmer gegangene Parabel dient hier nur als Assoziationsgrundlage für eine szenische Collage voller historischer, philosophischer und popkultureller...