Barbara Beyer: Das Gespräch zum Thema Regie führt uns ins Zentrum dieses Symposions. Unter uns sind einige sehr erfolgreiche Regisseurinnen und Regisseure. Ein immer noch sehr zum Nachdenken anregender Satz von Heiner Müller lautet: Wirkung und Erfolg schließen sich aus.
Vera Nemirova: Jeder künstlerische Prozess ist ein Schöpfungsakt, der sehr persönlich ist. Man kann damit die Menschen erreichen – wenn man das schafft, ist es gut –, aber man kann es nicht auf Erfolg anlegen und sollte das auch nicht. Man kann es auch nicht darauf anlegen, die Leute nur zu provozieren, um dadurch einen Skandalerfolg zu erzielen, der in der heutigen Zeit wohl wirkungsvoll ist. Ich finde, das ist ein durchaus gültiger Satz.
Beyer: Was kann man unter Wirkung verstehen? Was wirkt?
Nemirova: Es ist eine künstlerische, menschliche, gesellschaftliche, humanistische Aussage und eine sehr persönliche Haltung, die hier zum Ausdruck kommt und mit der man zunächst einen kleinen Kreis von Leuten und schließlich auch das Publikum konfrontiert.
Beyer: Meine Frage zielt darauf ab zu erfahren, worin eine Wirkung bestünde, so wie sie Heiner Müller versteht.
David Hermann: Ich finde den Satz faszinierend, glaube aber, dass er in der Realität nicht wirklich anwendbar ist. Erfolg und Wirkung müssen sich nicht...