Theater der Zeit

Handschriften

Modelliermasse

Die Arbeit am Text aus Sicht des Autorenregisseurs Julien Gosselin

von Daniel Loayza

Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Frankreich (10/2017)

Assoziationen: Dramatik Europa Julien Gosselin

In Frankreich gibt es wie anderswo seit einigen Jahren nicht mehr zwangsläufig eine substanzielle Einheit von Autor und Werk. Möglicherweise ist diese mittlerweile weniger wichtig als früher. Ist der Autor (nur) so etwas wie ein Bewusstsein hinter dem Text? Spätestens seit Artaud kann man sagen: nein, nicht mehr. Sollte er der Einzige sein, dessen Name unter einem Werk steht? Noch einmal nein. Auf einmal ist die Grenze zwischen dem Verfassen eines Textes und der anschließenden Adaption zuweilen unmöglich feststellbar.

Für den Regisseur Julien Gosselin, Jahrgang 1987, der für bemerkenswerte Aufführungen auf der Basis zeitgenössischer Romane verantwortlich zeichnet („Elementarteilchen“ von Michel Houellebecq und „2666“ von Roberto Bolaño), ist die Arbeit des Adaptierens „beinahe eine Art des zweiten Schreibens – zumindest verstehe ich es so“, sagt er. Und erklärt weiter: „Natürlich mit einer absoluten Bescheidenheit: Houellebecq und Bolaño sind gewaltige Autoren. Doch wenn ich an einer Adaption arbeite, kann man sagen, dass ich versuche zu schreiben. Das Ergebnis ist ein Stück, ein Theaterstück (...) Ich versuche, einen Text zu produzieren, der standhält, wenn man ihn in die Hand nimmt. Etwas, das man lesen kann und das bereits bei der Lektüre einen Eindruck vom Rhythmus dessen vermittelt, was die Aufführung sein könnte.“

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