Thema
Alles total anders
Der ukrainische Regisseur Stas Zhyrkov im Gespräch mit Thomas Irmer
von Stas Zhyrkov und Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Ukraine – Theater zwischen Krieg und Exil (02/2025)
Assoziationen: Europa Dossier: Ukraine

Wie ist die derzeitige Situation des Theaters in der Ukraine?
Stas Zhyrkov: Es gibt ganz verschiedene Aspekte für Antworten auf diese Frage. Schauen wir zuerst auf das Publikum. Nahezu alle Vorstellungen in Kyjiw sind ausverkauft, egal, was gespielt wird. Bei den meisten Vorstellungen handelt es sich um Komödien, in der Mehrzahl ukrainische Komödien oder Stücke mit viel Musik und Gesang. Da geht es nicht um problematisierend dokumentarische Darstellungen oder so etwas. Kollegen erzählen mir, die Leute wollen im Publikum sitzen und das Gefühl haben, dass sie mit jemandem sprechen. Sie wollen eine normale Unterhaltung in dieser schrecklichen Zeit, auch im Sinne eines warmen, herzlichen Gesprächs. Sich dafür gut anziehen und bei einem Glas Wein für einen Moment das Gefühl normalen Lebens zu haben, fast wie eine süße Droge. So ist es in Kyjiw, Lwiw oder Iwano-Frankiwsk, also Städten, die mit Angriffswarnung besser verteidigt werden können. In Odessa, Charkiw oder Dnipro ist die Situation schon ganz anders, was Theater als Normalität angeht. In Charkiw, das ja dicht an der Grenze zu Russland liegt, wollen die Behörden eigentlich nicht, dass sich so viele Menschen in einem Gebäude zusammen aufhalten.
Zu welchen Zeiten finden die Vorstellungen statt?
SZ: In der Regel um sechs...