Tragödie und Alte Komödie in der demokratischen Polis Athen
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Assoziationen: Europa Theatergeschichte
Die Inszenierungen der vier großen Dramatiker Aischylos, Sophokles, Euripides und Aristophanes waren herausragende Momente des wohl zentralen soziokulturellen Ereignisses der athenischen Polis. Das Fest hatte auch eine wichtige außenpolitische Komponente. Es war ein grandioses Schauspiel der imperialen Macht über die griechischen „Verwandten“, zu der die demokratische Polis Athen aufgestiegen war, über die anderen Städte, die ursprünglich im Jahr 478 v. Chr. im Bündnis von Delos Athen wegen seiner strategischen Position eine Führungsrolle zugestanden und dem Stadtstaat Geld gegeben hatten, damit sich alle gegen die Perser behaupten konnten. Das Bündnis wandelte sich zu einem tributären Abhängigkeitsverhältnis.
Spätestens seit der Mitte des 5. Jahrhunderts war die Ausstellung der Tribute, die die ehemaligen griechischen Bündnispartner zu erbringen hatten, ein wichtiges Moment des Festes. Im Anschluss an den Einzug der athenischen Kriegswaisen brachte man die Beiträge der anderen Städte in die Orchestra, nach Talenten in großen Gefäßen, vermutlich Tonkrügen, sortiert. Jedes Talent umfasste 6000 Drachmen, Silber im Gewicht von gut 26 Kilogramm. In einer kritischen Rückschau aus der Mitte des 4. Jahrhunderts bemerkte der Redner Isokrates, man habe das „schlimmste Strafbare“ (worst odium) getan, indem man den Überfluss der Fonds, den man aus den Tributen der Alliierten erzielte, in Geldmengen (talents...