Theater der Zeit

Aktuelle Inszenierung

Ecce homo – vom Leiden an den eigenen Verbrechen

Christian Friedels Sound-Stück „Macbeth“ am Staatsschauspiel Dresden

von Michael Bartsch

Erschienen in: Theater der Zeit: Der Untergang des russischen Theaters (10/2022)

Assoziationen: Sachsen Theaterkritiken Dossier: Musik im Schauspiel Christian Friedel Woods of Birnam Staatsschauspiel Dresden Macbeth

Die sparsam eingesetzten Attribute der Herrschaft schaffen keine Distanz: das Ensemble von „Macbeth“ in der Regie von Christian Friedel am Staatsschauspiel Dresden. Foto Sebastian Hoppe
Die sparsam eingesetzten Attribute der Herrschaft schaffen keine Distanz: das Ensemble von „Macbeth“ in der Regie von Christian Friedel am Staatsschauspiel Dresden.Foto: Sebastian Hoppe

Als Universalakteur beim lange verschobenen „Macbeth“ spielt Christian Friedel in Dresden das Ensemble keineswegs an die Wand. Ein multimediales Opus, das dennoch dicht am klas­sischen Schauspiel bleibt.

„Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, Böses muss gebären!“ Nicht Shakespeare, sondern Schiller 200 Jahre später, gesprochen ausgerechnet in der „Wallenstein“-Trilogie, die auf der gleichen Bühne des Dresdner Schauspielhauses als siebenstün­diges narzisstisches Spektakel Frank Castorfs läuft (s. TdZ 6/22). Könnte auch als Leitspruch über „Macbeth“ und anderen unendlichen Gemetzeln der Weltgeschichte stehen und eben auch über einem Spektakel der ganz anderen Art am Dresdner Staatsschauspiel.

Die Seuche kam der ursprünglich für den März 2020 geplanten Premiere zuvor, war eine Woche schneller. Im selben Herbst gab es dann mit „Searching for Macbeth“ eine Trost- und Schnupperstunde. Vorschau auf die große Christian-Friedel-Show als Regisseur, Hauptdarsteller, Sänger und Komponist bei Woods of Birnam. Doch so monotheistisch kommt es bei der erlösenden Premiere zum Spielzeitauftakt in Dresden nicht. Im Gegenteil, Friedels Arbeit kann man ohne bemühtes Pathos als Dienst am Stück bezeichnen.

Zu Beginn ist das Böse schon geboren. „Ich hab’ vergessen, wie mein Angstschweiß schmeckt“, bekennt ein einsamer, selbstzerstörter Macbeth in gruftiger Düsternis. Er referiert die Prophezeiungen der Hexen, der drei...

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