Auftritt
Residenztheater München: Schuss / Gegenschuss
„Antigone“ von Sophokles und unter Verwendung von „Die drei Leben der Antigone“ von Slavoj Žižek – Regie Mateja Koležnik, Bühne Christian Schmidt, Kostüme Ana Savić Gecan, Musik Bert Wrede
Erschienen in: Theater der Zeit: Neue Dramatik (03/2023)
Assoziationen: Theaterkritiken Bayern Dossier: Slowenien Bert Wrede Residenztheater
Die präzise Komposition dieser Inszenierung ist bestechend: ein Theaterabend in zwei Hälften, die sich perfekt ineinander fügen wie komplementäre Teile eines Puzzles. Erzählt wird Sophokles‘ antike Tragödie „Antigone“, angereichert mit Material einer Adaption des Stoffes durch den slowenischen Philosophen Slavoj Žižek. Das Grundprinzip ihrer Inszenierung, erklärt Regisseurin Mateja Koležnik (eine Landsfrau Žižeks) im Programmheft, sei das filmbekannte von „Schuss und Gegenschuss“. Dabei geht es um zweierlei inhaltliche Perspektiven, ebenso wie, ganz konkret, um entgegengesetzte Blickrichtungen.
Schauplatz dieser „Antigone“ ist ein moderner Bunker (Bühne: Christian Schmidt). Sirenen heulen, schwerbewaffnete Militärs hasten vorbei. In der ersten Hälfte blickt das Publikum in einen Durchgangsraum, von dem Metalltüren in verschiedene Nebenzimmer abgehen. Auf einer warnt ein Schild von Radioaktivität. Eine andere führt in einen Konferenzsaal, in dem sich die Führungselite Thebens versammelt. Wird die Tür geöffnet, weil jemand ein- oder heraustritt, bekommt man einen winzigen Einblick. Auch einzelne Satzfetzen dessen, was drinnen verhandelt wird, schnappt man auf. Die meiste Zeit aber ist nur hör- und sichtbar, was sich vor verschlossener Türe abspielt.
In der zweiten Hälfte dann die andere Perspektive: Jetzt schauen wir in den holzverkleideten Saal, eine Art Panic Room, in dem Kreon, der neue starke Mann von Theben, seine Minister und Mitstreiter...
