Elfie Steinheuer lebt in einer beschaulichen Welt. Die Fenster der zweistöckigen Fachwerkhäuser sind heimelig beleuchtet. Es ist Feierabendzeit. Zeit für die Familie, die Kinder oder die Probe des Männergesangsvereins. Zufriedene Menschen. Hinter jedem Fenster wohnt das Glück. Zu kaufen gibt es dieses bei der Modellbaufirma Noch im Internet. „Stadt, Land und Dorf – Idylle und Beschaulichkeit“ heißt die Kategorie, unter der man die Bestandteile dieses Wohlfühlszenarios im Miniaturformat bestellen kann. Mach dir deine Welt, wie sie dir gefällt. Aber wehe, es kommt jemand und spielt sein eigenes Spiel mit diesen Puppen.
Tankred Dorsts bislang unveröffentlichtes Drehbuch „Eine Mordgeschichte“ aus dem Jahr 1988 erzählt von einer schaurigen Kleinstadt und ihren Menschen. Alles wirkt dort sehr konventionell und überschaubar, wäre da nicht der ICE, der wie eine lauernde silberne Schlange auf Sarah-Katharina Karls Bühne die Modelleisenbahnstadt unablässig umkreist.
Bernhard Glocksin, Leiter der Neuköllner Oper und enger Freund Tankred Dorsts, hat sich mit der Adaption des Drehbuchs zwei Jahre nach dem Tod des Dramatikers einen Wunsch erfüllt. Eines Tages, schreibt er im Programmheft, habe Dorst ihm dieses Manuskript in die Hände gedrückt. „Hat mir der Jürgen Jürges vorbeigebracht“, habe Dorst gemurmelt. Jürges, der derzeit als Kameramann von Ilya Krzhyanowskys Mammutprojekt „DAU“ wieder im...