Thema
Es lohnt der Mut, etwas zu wagen
von Klaus Lederer
Erschienen in: Theater der Zeit: Perspektiven der Volksbühne – Viktor Jerofejews Putin-Stück: Der Große Gopnik (05/2024)
Assoziationen: Debatte Berlin Volksbühne Berlin
„Wie können wir die Volksbühne retten?“, schrieb Brecht Ende der 1920er, in der Krise nach dem Weggang Erwin Piscators. Ähnlich klang manch Nachricht, die ich nach René Polleschs Tod erhielt. Das war einerseits der heftige Schock über die Lücke, die René mit seiner unglaublich produktiven künstlerischen Praxis hinterlassen hat. Da war aber auch größere Sorge um die Zukunft des Theaters. War Pollesch nicht die personifizierte Garantie für die Bewahrung der „Volksbühnentradition“ und ihre gleichzeitige Weiterentwicklung? Wer kann das jetzt noch leisten? Zweifellos spielen da noch immer die Emotionen und Affekte mit, die mit dem kaum sieben Jahre alten Streit um den Intendanz-Wechsel von Castorf zu Dercon verbunden waren. Es ging um die „Volksbühnentradition“, Identitätsfragen und Lebensgefühl, aber auch um finanzielle, strukturelle und künstlerische Fragen: Festivalhaus oder Ensemble- und Repertoiretheater?
Wie könnte es jetzt weitergehen? Da lohnt ein Blick zurück, zum Kongress „Vorsicht, Volksbühne!“ im Juni 2018 in der Akademie der Künste. Erstmals fand, so Petra Kohse, in der kulturpolitischen Geschichte Berlins die öffentliche Auseinandersetzung um ein Theater statt, bevor sein Schicksal besiegelt war – Theater der Zeit dokumentierte die Debatten in einem Sonderheft. Es ist erstaunlich, wie hilfreich diese Beiträge für die Suche nach einer künstlerisch fruchtbaren Zukunft der...